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War­um ist sprich­wört­lich Polen offen?

Wenn „Polen offen ist“, dann herrscht Cha­os – so sagt man jeden­falls im Deut­schen. Doch nur weni­ge wis­sen, dass die­ser Aus­druck auf ein düs­te­res Kapi­tel euro­päi­scher Geschich­te zurück­geht: die Tei­lun­gen Polens im 18. Jahr­hun­dert. In drei Schrit­ten wur­de das Land damals zwi­schen den Groß­mäch­ten Russ­land, Preu­ßen und Öster­reich auf­ge­teilt. Am Ende war Polen als sou­ve­rä­ner Staat von der Land­kar­te ver­schwun­den – sei­ne Gren­zen auf­ge­löst, die Ord­nung dahin.

Die­se poli­ti­sche Aus­lö­schung eines gan­zen Lan­des bedeu­te­te: Es gab kei­ne kla­ren Zustän­dig­kei­ten mehr, kei­ne Kon­trol­le, kei­ne Sta­bi­li­tät. Das Bild von „offe­nen Gren­zen“ und einem ent­grenz­ten, gesetz­lo­sen Zustand präg­te sich tief ins kol­lek­ti­ve Bewusst­sein ein. Und so ent­stand die Rede­wen­dung – nicht als Angriff, son­dern als Beschrei­bung eines tota­len Kon­troll­ver­lusts, bei dem buch­stäb­lich „alles mög­lich“ ist.

Heu­te wird der Spruch oft acht­los ver­wen­det, wenn es zu Hau­se chao­tisch aus­sieht oder im Büro das Durch­ein­an­der regiert. Doch wer sich sei­ner Her­kunft bewusst ist, erkennt: Hin­ter die­ser Rede­wen­dung steckt mehr als nur All­tags­flap­sig­keit – sie ist ein sprach­li­ches Erbe aus einer Zeit, in der das poli­ti­sche Euro­pa neu geord­net wur­de und ein gan­zes Volk sei­ne Hei­mat ver­lor.

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