Woher kommt die Angst vor Spinnen?

Die Angst vor Spinnen – medizinisch Arachnophobie genannt – gehört zu den häufigsten spezifischen Phobien weltweit. Dabei ist sie evolutionär gesehen ein bemerkenswertes Phänomen: Obwohl die allermeisten Spinnenarten harmlos sind, reagieren viele Menschen mit starkem Ekel, panikartiger Flucht oder sogar körperlichen Symptomen wie Herzrasen und Schweißausbrüchen, sobald sie eine Spinne entdecken. Psychologen und Evolutionsbiologen vermuten, dass diese Angst eine tief verwurzelte Schutzreaktion ist, die sich über Jahrtausende entwickelt hat. In bestimmten Regionen der Welt – vor allem in Afrika – gab und gibt es giftige Spinnen, deren Biss gefährlich sein kann. Diese potenzielle Bedrohung könnte dazu geführt haben, dass unser Gehirn Spinnen besonders schnell erkennt und im Zweifel lieber überreagiert als zu spät reagiert.
Neurowissenschaftliche Studien belegen diese These: Schon Kleinkinder zeigen eine erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber spinnenähnlichen Formen, obwohl sie noch keine negativen Erfahrungen mit ihnen gemacht haben. Forscher der Universität Wien und der Max-Planck-Institute fanden in bildgebenden Verfahren Hinweise darauf, dass die Amygdala – das Angstzentrum im Gehirn – bereits bei sehr kleinen, bewegungslosen Spinnen aktiviert wird. Das spricht dafür, dass die Angst nicht allein durch Lernen oder Kultur geprägt ist, sondern eine tiefere, möglicherweise angeborene Wurzel hat. Dennoch spielt auch das soziale Umfeld eine Rolle: Kinder von Eltern mit starker Spinnenangst entwickeln mit größerer Wahrscheinlichkeit ebenfalls eine Arachnophobie, was auf eine Kombination aus Veranlagung und Beobachtungslernen hindeutet.
Interessanterweise zeigen Studien, dass Menschen in Regionen ohne gefährliche Spinnen seltener unter Arachnophobie leiden. In Europa etwa ist kaum eine Spinnenart giftig – und doch fürchten sich Millionen vor ihnen. Das legt nahe, dass nicht nur reale Gefahren, sondern auch kulturelle Einflüsse, mediale Darstellungen (man denke an Horrorfilme) und individuelle Erfahrungen die Ausprägung dieser Phobie mitbestimmen. So trifft bei der Arachnophobie also eine uralte biologische Alarmanlage auf moderne soziale Verstärker – ein Zusammenspiel, das die Spinne im Kopf oft gefährlicher macht als in der Realität.