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Kann das Immun­sys­tems ver­erbt wer­den?

Das Immun­sys­tem besitzt zwei­fel­los ein Gedächt­nis: Nach einer Infek­ti­on oder Imp­fung behal­ten bestimm­te Immun­zel­len (wie Gedächt­nis-B- und T‑Zellen) Infor­ma­tio­nen über den Erre­ger und kön­nen beim nächs­ten Kon­takt schnel­ler und geziel­ter reagie­ren. Die­ses immu­no­lo­gi­sche Gedächt­nis erklärt den Schutz nach über­stan­de­nen Krank­hei­ten oder Imp­fun­gen – es ent­steht jedoch indi­vi­du­ell im Lau­fe des Lebens. Lan­ge galt die Annah­me, dass die­ses Gedächt­nis nicht ver­erbt wer­den kann, weil es an die eige­nen Erleb­nis­se des Orga­nis­mus gebun­den ist.

Neue­re For­schun­gen deu­ten jedoch dar­auf hin, dass zumin­dest bestimm­te Prä­gun­gen des Immun­sys­tems epi­ge­ne­tisch wei­ter­ge­ge­ben wer­den kön­nen. Tier­stu­di­en zei­gen zum Bei­spiel, dass Nach­kom­men von Mäu­sen, die mit bestimm­ten Krank­heits­er­re­gern kon­fron­tiert wur­den, ver­än­der­te Abwehr­mus­ter zei­gen, obwohl sie selbst nie infi­ziert waren. Die­se Effek­te beru­hen nicht auf Muta­tio­nen in der DNA, son­dern auf soge­nann­ten epi­ge­ne­ti­schen Mar­kie­run­gen – che­mi­schen Ver­än­de­run­gen an DNA und Pro­te­inen, die die Gen­ak­ti­vi­tät steu­ern, ohne die Erb­infor­ma­ti­on zu ändern. Sol­che Mar­kie­run­gen kön­nen wäh­rend der Bil­dung von Ei- oder Samen­zel­len erhal­ten blei­ben und so die Immun­ant­wort der Nach­kom­men beein­flus­sen.

Für den Men­schen ist die­se For­schung noch jung, aber es gibt ers­te Hin­wei­se, dass auch bei uns das Immun­sys­tem durch die Lebens­um­stän­de der Eltern geprägt sein kann – etwa durch Ernäh­rung, Infek­tio­nen oder Stress. Ein ech­tes „immu­no­lo­gi­sches Gedächt­nis“ im klas­si­schen Sinn wird dabei nicht über­tra­gen, wohl aber eine Art vor­be­rei­ten­de Pro­gram­mie­rung, die die Reak­ti­on des Immun­sys­tems ver­än­dert. Das zeigt: Unser Immun­sys­tem ist nicht nur ein Pro­dukt unse­rer eige­nen Erfah­run­gen, son­dern auch ein Stück weit der unse­rer Vor­fah­ren – ein ein­drucks­vol­les Bei­spiel für die fei­ne Abstim­mung von Gene­tik und Umwelt.

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